Geschichte

Eine kurze Geschichte über die Hildesheimer Schützengesellschaft von 1367

Die erste urkundliche Erwähnung der Schützengesellschaft findet sich in den Rechnungsbüchern der Stadt Hildesheim im Jahre 1379 und bezieht sich auf einen Zuschuss zu einem „Schützenschmaus“, der offensichtlich den Schützen nach jedem Übungsschießen vom Rat gewährt wird. Später finden sich in den Rechnungsbüchern auch noch Sonderleistungen über einen gebratenen Ochsen oder ein Fass Bier, was die Stadt spendiert, um die Schützen bei Laune zu halten. Neben der Verköstigung haben die Schützen die Möglichkeit, im Falle eines Einsatzes durch von der Stadt bezahlten Sold zu zusätzlichen Einnahmen zu kommen. 1392 taucht in den Rechnungsbüchern erstmals für die Schützen der Begriff „kumpenige“ auf, 1428 wird diese Vereinigung dort erstmals mit „selschup“ bezeichnet. Aus diesen Aufzeichnungen geht auch hervor, dass die allwöchentlichen Schießübungen meist von April bis September stattfinden. Schießstätte ist zuerst vor dem Ostertor, später zusätzlich in der Venedig und ab 1437 auf einer Schützenwiese im Bereich des heutigen Schützenhauses.

Die Aufgaben der zuerst mit Armbrüsten, später mit Feuerwaffen ausgerüsteten Schützen sind der Einsatz bei Wach- und Wehraufgaben, Jagd auf Räuberbanden, aber auch Bau- und Schanzarbeiten.

Die Schützen rekrutieren sich aus den Reihen der Bürger. Insbesondere Neubürger werden zu diesem Dienst wohl gern in die Pflicht genommen. Der Rat der Stadt ist aber auch nicht unglücklich darüber, wenn sich Hildesheimer ohne Bürgerrecht zu dieser Aufgabe bereitfinden.

Als erste Wettbewerbe, wenn auch unregelmäßig, finden von 1398 bis 1506 Papageienschießen statt. Es wird auf einen großen Holzvogel geschossen. Hieran nehmen außer den Schützen auch ein großer Teil der Bürger teil. Da es bei dieser Veranstaltung auch um eine Musterung und Demonstration der Wehrfähigkeit geht, werden die teilnehmenden Bürger während des drei Tage dauernden Festes vom Rat der Stadt „mit Gesottenem und Gebratenem und gutem Starkbier“ bewirtet. Um dieses Schießen herum entwickelt sich mit der Zeit ein prachtvolles Fest. Der Preis für den besten Schützen ist eine neue Armbrust.

In der Zeit des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des 30-jährigen Krieges finden dann in Hildesheim genauso wie in vielen anderen Städten Schützenhöfe statt, bei denen Abordnungen anderer Städte als Gäste der Stadt zum Vergleichsschießen eingeladen werden. Das Schießen erfolgt freihändig auf Scheiben. Zu gewinnen gibt es meist Silberbecher und Geldpreise. Begleitet werden diese Schützenhöfe durch Volksfeste. Fester Bestandteil dieser Veranstaltungen sind auch prächtige Umzüge der beteiligten Kooperationen durch die Stadt zur Schützenwiese hinaus und eine Bewirtung der Teilnehmer durch die Stadt im Brauhaus nach dem Schießen. Seit 1566 befindet sich auf dem Gelände der Schützenwiese auch ein Schützenhaus.

Im Jahre 1597 wird zur Rettung des Seelenheils der Schützen das Übungsschießen von Sonntag auf Montag verlegt. Es ist wohl sonntags alkoholbedingt immer wieder zu Ausschreitungen gekommen! Bis heute ist seit dieser Zeit der Montag der offizielle Schießtag der Hildesheimer Schützengesellschaft.

Trotz der Feste nimmt Anfang des 17. Jahrhunderts die Bereitschaft zum Übungsschießen ab. Die Stadt ordnet daher an, dass junge Bürger zwei Jahre am Übungsschießen teilnehmen müssen, ein Freikaufen von der Verpflichtung wird nicht mehr gestattet. Zur Aufmunterung der Schützen beschließt der Rat 1612, dass derjenige Bürger, der beim alljährlichen Freischießen den besten Schuss abgeben würde, das ganze Jahr von allen bürgerlichen Leistungen, Steuern und Diensten, frei sein soll. Daher stammt dieser noch heute verwendete Begriff „Freischießen“.

Während des 30-jährigen Krieges verlagert sich der militärische Schutz zunehmend auf Söldner. Es besteht bis Anfang des 18. Jahrhunderts aber weiterhin Schießpflicht für die Bürger, insbesondere für Jungbürger. Diese Schießpflicht entfällt erst 1725. Beim nunmehr freiwilligen Übungsschießen kann jeder Bürger gegen Entrichtung eines Einschreibgeldes mitschießen. Zu gewinnen gibt es von der Stadt bezahlte Preisgelder.

Das Freischießen wird auch im 18. Jahrhundert fortgeführt. Statt der großen Schützenhöfe finden nun feierliche Schießen statt: das kleine Freischießen am Montag nach Ostern und das zwei Tage währende große Freischießen acht Tage nach dem Johannismarkt [im Juni]. Der erste Tag beginnt mit dem Wecken ab 3 Uhr. Es folgt ein Umzug durch die Stadt und das Ausschießen und die Ehrung der besten Männer. Der Tag endet mit einem von der Stadt bezahlten Gastmahl der Ratskommission und der Funktionsträger der Schützen. Am zweiten Tag finden nur noch das Ausschießen und die Ehrung der besten Männer statt. Neben der Befreiung von zahlreichen Dienstpflichten und Steuern winken den besten Männern noch Geldpreise der Stadt. Es dürfen auch Nichtbürger mitschießen. Im Laufe des Jahres findet noch ein Hirschschießen und ein Ochsenschießen statt. 1757 wird das kleine Freischießen auf Pfingsten verlegt.

Obwohl alle Bürger zum Umzug und zur Teilnahme am Freischießen gegen Androhung eines Strafgeldes verpflichtet sind, schwindet die Teilnahme. [Vielleicht lag es auch daran, dass in der turbulenten Zeit der Jahrhundertwende 18./19. Jahrhundert irgendwann die Steuer- und Dienstbefreiung entfallen ist?] Zur Belebung des Freischießens werden für die besten Männer nun Dekorationen, die Schützenketten, gestiftet, die erste 1830 von Bischof Godehard Josef Osthaus.

1873 wird aus den Hildesheimer Schützen eine Privatgesellschaft, die 1875 dem 1861 gegründeten Deutschen Schützenbund beitritt. Die Leistungen des Magistrats der Stadt entfallen, das Freischießen wird aber als internes Preisschießen fortgesetzt. Die Schützen feiern nur noch unter sich. Das Volksfest wird verbunden mit einer Sedan-Feier von verschiedenen Vereinen und Gewerken organisiert. Im Jahre 1880 werden der Gesellschaft von Kaiser Wilhelm I. die Rechte einer juristischen Person verliehen.

1911 stiften die städtischen Kollegien die Bürgerscheibe und den Bürgerbecher, die jeder Bürger der Stadt Hildesheim beim großen Preisschießen durch den besten Teiler erringen kann. Ab 1920 übernimmt die Hildesheimer Schützengesellschaft wieder die Veranstaltung des Hildesheimer Volksfestes, ab 1928 zusammen mit der Junggesellenkompanie von 1831. 1929 wird das Preisschießen wieder in „Freischießen“ umbenannt. Im Jahre 1932 wird eine Jungschützenabteilung gebildet. Erst im Jahr 1944 nimmt die Hildesheimer Schützengesellschaft den Zusatz „von 1367“ an.

Dem verheerenden Luftangriff auf Hildesheim 1945 fällt auch das 1828 neu errichtete und 1874 umgebaute Schützenhaus mit seinen gesamten Anlagen und fast allen dort befindlichen Dokumenten sowie der 1926 angeschafften Fahne zum Opfer. Erhalten geblieben sind durch einen glücklichen Zufall die wertvollen Pokale und sämtliche großen Dekorationen. Ist auch das Schießen mit Druckluft- und Feuerwaffen noch verboten, darf im Sommer 1949 wieder das erste Volks- und Schützenfest gefeiert werden. 1965 erfolgt die Verlegung des Festes bedingt durch den Bau des Polizeigebäudes auf der Schützenwiese auf den Festplatz „An der Lademühle“. Nach Zwischenstationen an der Pappelallee und auf dem Marktplatz im Rahmen des Stadtfestes findet das Volks- und Schützenfest seit 2017 nunmehr wieder „An der Lademühle“ statt.

Die Schützen beginnen 1951 an der alten Stelle mit dem Wiederaufbau des Schützenhauses, das bereits 1952 fertiggestellt wird. Eine neue Fahne wird 1951 geweiht. Ab 1952 fallen nach und nach die Schießverbote, so dass die Hildesheimer Schützen ihrem Sport wieder nachgehen können. In den Jahren 1982 bis 1986 werden das Schützenhaus und die Schießsportanlagen grundlegend modernisiert.